Der Kursverlauf zu Beginn 2020 hat den Bitcoin erneut ins Blickfeld geschoben. Gleichzeitig war eine regelrechte Grundsatzdebatte zu beobachten, die teilweise kontrovers ausgetragen wurde. Vor allem die Frage, ob die Kryptowährung auch ein Safe-Haven-Asset ist, führte zu unterschiedlichen Meinungen.
Als die USA den ranghohen iranischen General töteten, sorgte das nicht nur in den Medien für ein großes Spektakel, sondern beunruhigte vor allem die Anleger. Zu beobachten war, dass die globalen Aktienmärkte durch den Iran-Konflikt nachgaben. Gleichzeitig stiegen Rohöl und Gold. Zunächst ist das keine große Überraschung. Doch auch der Bitcoin schoss in die Höhe und wieder einmal wurde darüber debattiert, ob sich die Kryptowährung auch als digitales Gold eignet und somit auch ein Safe-Haven-Asset ist. Der Kursanstieg sprach durchaus dafür. Anscheinend betrachten viele Anleger den Bitcoin als einen sicheren Hafen, auf den in Krisenzeiten einfach umgeschichtet werden kann.
Bitcoin: Erfolgreicher Beta-Test in Krisen
War die Iran-Krise, die medial ausgefochten wurde, am Ende für die Kryptowährung ein erfolgreicher Beta-Test für Krisenzeiten? Der Bitcoin-Experte Willy Woo sagt ja.
Nur kurz, nach dem der Raketenangriff auf den iranischen General erfolgte, stiegt die Kryptowährung in nur zwei Stunden um 4,1 Prozent (von 6.945 auf 7.230 US-Dollar) an. Die Krise schärfte sich weiter zu. Gold und der Bitcoin stiegen auch in den Wochen danach. So schaffte es die virtuelle Währung in nur kurzer Zeit auf 8.400 US-Dollar und pendelte sich danach auf einen Kurs um die 8.100 – 8.140 US-Dollar ein. Mittlerweile, nachdem sich die Situation deutlich entspannte, sackte der Kurs zurück auf unter 8.000 US-Dollar, gleichfalls mit dem Gold-Kurs.
Der S&P 500 fiel mit der Krise im gleichen Zeitraum um etwa ein Prozent, konnte sich danach jedoch wieder beruhigen. Auch die US-Aktien verloren an Wert. Immer mehr Analysten sehen den Bitcoin als Inflationsabsicherung. Gerade bei anhaltenden Krisen und Kriegen kommt es immer wieder auch zu einer Inflation. Jeder neue Konflikt würde künftig die Nachfrage nach der Kryptowährung erhöhen.
Safe-Haven-Asset
Bei einem Safe-Haven-Asset steigen bei Krisen die Preise. Investoren schichten in solchen Zeiten ihr Portfolio um, wenn eine erhöhte Volatilität des Aktienmarktes zu befürchten ist. Die Umschichtung erfolgt dabei vor allem in Märkte, die weiterhin eine gewisse Sicherheit bieten. Staatsanleihen und Gold sind dabei natürlich besonders beliebt. Mittlerweile aber eben auch der Bitcoin. Bei einem Safe-Haven-Asset geht es auch darum, von staatlicher Geldpolitik unabhängig zu sein. Ein Blick in die Vergangenheit sei hier verweisend auf die damaligen Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland zu lenken (es gab nur noch 50 Euro pro Tag am Geldautomaten).
Dennoch gehen die Diskussionen zu diesem Thema weit auseinander. Ist der Bitcoin wirklich als virtuelles Gold zu sehen? Ein Blick auf die Korrelation zwischen Gold und Coin zeigt interessantes. Lag diese noch 2018 im Mai bei -0,04, befindet sie sich derzeit bei etwa 0,15 (leicht positiv).
Einige Analysten warnen jedoch, die Kryptowährung vorschnell als ein Safe-Haven-Asset zu bewerten. Der kritische Analyst Ryan Selkis teilte seinen Kunden mit, dass der Bitcoin in politischen Krisenzeiten als erstes liquidiert werden müsste. Auch der bekannte eToro Analyst Adam Vettese widersprach der These, dass der Bitcoin zum virtuellen Gold werden würde.
Bitcoin mit hohem Risiko
Die Kryptowährung ist besonders anfällig für hohe Kursschwankungen. Nicht nur in Krisenzeiten. Verwunderlich ist das nicht. Aktuell befinden sich nur etwa elf Millionen Coins im Umlauf. Das sind etwa 80 Milliarden US-Dollar. Ende 2019 belief sich, als kurzer Vergleich, die gesamte Geldmenge in der Euro Zone auf rund 12,9 Billionen Euro. Der Bitcoin beinhaltet damit einen sehr überschaubaren Markt und ist somit auch relativ leicht anfällig. Schon geringe Beträge können den Kurs antreiben. So reichen bereits wenige Investoren aus, die sich von Inflationsängsten plagen lassen, um den Kurs sichtbar nach oben zu treiben.
Maximal 21 Millionen Bitcoins bieten Wertstabilität
Dennoch ist gerade diese überschaubare Größe auch ein wesentlicher Vorteil der Kryptowährung. Die Geldpolitik der EU, Japan und USA zeigen, dass sie so viel Geld drucken können, wie sie wollen. Der Bitcoin besitzt diese Eigenschaft nicht, was ihm eine gewisse Wertstabilität verleiht. Die Menge der Bitcoins lässt sich einfach errechnen. So sorgt ein komplizierter Algorithmus dafür, dass am Ende maximal 21 Millionen der Coins produziert werden. Etwa im Jahr 2130 soll diese Menge erreicht werden. Pro Minute entstehen um die 25 neue Bitcoins. Durch den Algorithmus ist festgelegt, dass dieser Zuwachs alle vier Jahre halbiert wird.
Schürfen dürfen jeder nach den virtuellen Münzen. Mittlerweile ist das aber so kostspielig, dass leistungsstarke Grafikkarten benötigt werden. Alleine die Stromkosten würden bereits die privaten Schürfer höher belasten.
Unsicherer Markt
Immer wieder erlebten wir, dass der Kurs nach unten einbrach. Hacker haben sich auf den Coin längst spezialisiert und sind dabei durchaus erfolgreich. In den letzten Jahren konnten sie mehrere Bitcoin-Börsen so manipulieren, dass ihnen der Diebstahl von tausenden der Coins gelang. Der Preis sackte nach Bekanntwerden sofort ab. Für die meist anonymen Eigentümer entstand ein Totalschaden.
Diskussion um den Bitcoin hält an
In den nächsten Jahren wird es noch viele Krisen geben, die das Potenzial haben, die Grundsatzdebatte erneut anzufachen. Sicherlich bietet der Bitcoin als Safe-Haven einen Schutz von Börsencrashs und Inflation, dennoch darf nicht vergessen werden, dass es sich um ein High-Risk Investment handelt.
Die Kryptowährung ist sicherlich ein Krisen-Hedge, dennoch ist der Vergleich zu Gold weit hergeholt. Die virtuelle Währung kann vor staatlichen Eingriffen, schlechter Konjunktur, Kriegen und Inflation schützen. Vergessen werden darf dabei aber nicht: Sie ist hochgradig volatil, was gleichzeitig zum Safe-Haven Gedanken ein Widerspruch ist. Empfehlenswert kann es aber sein, Gold und Bitcoin in einem Krisen-Portfolio zu führen.